Radwegekirchen – das Beste aus zwei Welten

Zur Ruhe kommen auf der Fahrradtour

Was gibt es Schöneres, als bei sommerlich warmen Temperaturen auf der Radtour in kühle Gemäuer eine Kirche einzutreten und ein wenig zur Ruhe zu kommen? Diese wunderbare Möglichkeit bieten die sogenannten Radwegekirchen.

Was sind Radwegekirchen?

Radwegekirchen liegen, wie ihr Name vermuten lässt, in unmittelbarer Nähe zu einem Radweg und sind in den Sommermonaten tagsüber frei für Besucher zugänglich. Sie laden ein zur Besinnung, informieren über das Kirchengebäude und bieten häufig auch eine Möglichkeit zum Auffüllen der Trinkflasche oder draußen einen Ort zur Rast. Auf einer zentralen Internetseite sind alle offiziellen Radwegekirchen in Deutschland und der Schweiz verzeichnet: www.radwegekirchen.de . Hier findet man neben einer interaktiven Karte auch Informationen zu den Öffnungszeiten, Gottesdienstzeiten und kurze Beschreibungen der Kirchen, sodass sich ein Besuch im Voraus gut planen lässt.

Radwegekirchen im Rheinland

Einige Radwegekirchen liegen auch auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland, z.B. die Stephanus-Kirche in Simmern, die Kirche St. Paul in Wittlich oder das Stephanus-Gemeindezentrum in Wermelskirchen. Zwei Kirchen habe ich in den Sommermonaten mit dem Fahrrad besucht: die Evangelische Kreuzkirche in Wiedenest und die katholische Kirche St. Margaretha in Filsen.

Evangelische Kreuzkirche Wiedenest

Evangelische Kreuzkirche Wiedenest. Foto: Dr. Eva-Maria Gummelt
Evangelische Kreuzkirche Wiedenest

Die Evangelische Kreuzkirche in Wiedenest im Oberbergischen Kreis liegt idyllisch in einem Ensemble aus Kirche, Pfarrhaus und einem Brunnen in der Martin-Luther-Straße des Ortes. Vorbei kommt man an diesem ruhigen Plätzchen, wenn man auf dem Bergischen Panorama Radweg unterwegs ist. Auch für Wanderer liegt die Kirche auf dem Weg, nämlich auf dem Bergischen Panoramasteig oder dem Bergischen Streifzug Nr. 11 mit dem schönen Titel „Feuer und Flamme“. Der mittelalterliche Bau der Kreuzkirche überzeugt durch seine äußere Schlichtheit, gleichzeitig setzten die freigelegten Malereien im Altarraum einen bezaubernden Akzent. Ein Schmunzeln entlockte mir der Aufsteller vor der Altarbibel mit der Bitte, diese nicht zu berühren – machte er mir doch deutlich, was alles zu bedenken ist, wenn eine Kirche tagsüber unbeaufsichtigt offen steht. Informationen zur Kirche und zu Veranstaltern im Ort finden sich im Turmraum. Dort lässt sich auch bei genauem Hinsehen das Logo der Radwegekirchen entdecken. Nach einem Besuch des nahe gelegenen Brunnens kann man wunderbar im Schatten auf den Holzbänken vor der Kirche verweilen, bevor die Wanderung oder Radtour fortgesetzt wird.

Evangelische Kreuzkirche Wiedenest

 

St. Magaretha Filsen

St. Magaretha Filsen. Foto: Dr. Eva-Maria Gummelt
St. Magaretha Filsen

Nicht zu verpassen ist die Radwegekirche in Filsen am Rhein. Schon beim Einrollen in den Ort werden Radfahrerinnen und Radfahrer direkt am Radweg auf die Kirche hingewiesen und auch das Schild vor der Kirche ist gut vom Radweg wie auch von der Straße aus sichtbar. Und die Menschen in Filsen werben mit Recht für ihre Kirche, bietet sie doch mit ihrem schönen Innenraum, der kleinen Friedhofsanlage und Sitzgelegenheiten vor der Kirche einen wunderbaren Ort zum Verweilen und Besinnen. Zudem findet sich aller Komfort, der für eine Radwegekirche von Belang ist: im Kirchenraum sind auf einem Tisch Trinkflaschen und Flyer mit Informationen zur Kirche ausgelegt und vor der Kirche wird auf einem Hinweisschild auf den nahen Dorfladen und öffentliche Toiletten hingewiesen. Empfehlenswert ist auch die Fahrt mit der Autofähre zum gegenüberliegenden Boppard, von dessen Promenade sich das idyllische Ensemble von Ortschaft und Kirche in Filsen an der Rheinschleife noch einmal auf seine ganz eigene Art zeigt.

 

Auch Lust auf Radwegekirchen?

Logo der Radwegekirchen Deutschland, https://www.radwegekirchen.de/leitlinien/
Logo der Radwegekirchen Deutschland

Wenn Sie nun auch bei Ihrem nächsten Ausflug mit dem Fahrrad eine Radwegekirche besuchen wollen, lohnt sich ein kurzer Blick auf www.radwegekirchen.de . Hier ist schnell ersichtlich, ob in der Nähe der geplanten Route eine Kirche geöffnet hat. Und falls Sie nun denken, „Unsere Kirche kann auch Radwegekirche sein!“, erhalten Sie unter https://www.radwegekirchen.de/leitlinien/ einen ersten Überblick über die Anforderungen. Wenn die Kirche in der Nähe zu einem Radwanderweg liegt, von Ostern bis zum Reformationstag tagsüber geöffnet sein und das Logo der Radwegekirchen angebracht werden kann, sowie der innere Kirchenraum als geistlicher Raum erkennbar ist, stehen die Chancen gut, dass auch die Kirche in Ihrem Ort bald auf der Karte der Radwegekirchen erscheint. Nicht nur aus touristischen Gründen wäre das zu begrüßen, denn Kirchen werden so noch einmal auf eine andere Weise sichtbar. Wenn Sie gemeinsam mit anderen Menschen Ihres Dorfes oder Ihres Stadtteils das Projekt „Unsere Kirche soll Radwegekirche werden!“ angehen, stärkt dies den Zusammenhalt vor Ort und lässt neu entdecken, welcher Schatz an Ihrem Wohnort steht. Und Radwegekirchen führen auch den einen oder die andere Radfahrer*in in sakrale Gemäuer, die vielleicht schon eine längere Zeit keine Kirchenschwelle mehr überschritten haben.

 

  • Dr. Eva-Maria Gummelt (Studienleiterin "Ländliche Räume")