Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben; schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben.
Diese Worte des Sommerliedes von Paul Gerhardt und die beschwingte Melodie sind wohl den meisten evangelischen Christinnen und Christen bekannt. Und gerade auf dem Land ist in den Sommermonaten dieser „Klassiker“ aus dem Evangelischen Gesangbuch noch der Hit schlechthin – hat man doch die viel gepriesene Schöpfung Gottes in ihrer Herrlichkeit direkt vor Augen: Bäume und Blumen, Vögel, Wild, Schafe, Bienen, Wein und Weizen.
Ein Lied, aktuell wie eh und je
Dieses Jahr mag bei der Strophe zum Weizen der oder die eine oder andere innerlich mit dem Kopf nicken, wenn es heißt: „… darüber jauchzet jung und alt.“ Wie wahr angesichts der fast schon täglichen Nachrichten zur Weizenknappheit und den steigenden Brotpreisen!
Der Weizen wächset mit Gewalt; darüber jauchzet jung und alt, und rühmt die große Güte des, der so überfließend labt und mit so manchem Gut begabt das menschliche Gemüte.
Vor einigen Jahren waren es die Bienen, bei denen man besonders aufhorchte – auch in den urbanen Kirchräumen – als man sich fragte, ob sie wirklich noch so „unverdrossen“ „hier und da“ herumflögen. Ein Lied, fast 370 Jahre alt, und noch immer erfasst uns dieser Text – mit Zustimmung, mit Kindheitserinnerungen, mit Gänsehaut.
Mehr als nur Natur
15 Strophen umfasst die Dichtung von Paul Gerhardt und es wäre wohl eine allzu sportliche Aufgabe, diese am Stück von der Gemeinde singen zu lassen. Zumeist wird deswegen eine Auswahl getroffen und verständlicher Weise sind es häufig die ersten Strophen, auf die die Wahl fällt. Die, in denen die Schönheit der Schöpfung Gottes gepriesen wird und der Mensch in den Lobgesang der sommerlich erwachenden Natur mit einstimmt. Und das ist auch gut so – der Blick für die Schönheit der Natur macht uns auch für die Aufgabe sensibel, diese zu bewahren. Und doch bleibt der Dichter hier nicht stehen. In der zweiten Hälfte des Liedes wird darüber nachgedacht, wie es wohl im Paradies sein wird, wenn schon auf der Erde alles so herrlich gemacht ist.
Der Mensch als Teil der Schöpfung
Dieses Jahr spricht mich besonders die vierzehnte Strophe an, in der der Mensch mit Gott im Gespräch ist:
Mach in mir deinem Geiste Raum, daß ich dir werd ein guter Baum, und laß mich Wurzel treiben. Verleihe, daß zu deinem Ruhm ich deines Gartens schöne Blum und Pflanze möge bleiben.
Hier spricht der Mensch über sich selbst als Baum, Blume und Pflanze. Als einen Teil der wunderbaren Schöpfung Gottes. Genauso stetig am Wachsen und Werden und Erblühen. Mit ihr verwoben. Die Natur hat sich zwar für den Menschen „ausgeschmückt“, aber vor Gott ist der Mensch von der Pflanze nicht groß zu unterscheiden. Ein schönes Bild, das zur Demut im Umgang mit der herrlichen Schöpfung aufruft – und das hoffentlich nicht nur in den Sommermonaten, wenn uns ihre Farbenpracht und Lebendigkeit am deutlichsten vor Augen steht!